Freitag, 26. April 2024

Konzert: Die Nachbarn

Die Autorin Dolly Alderton hat geschrieben, dass das Ende einer Freundschaft eingeläutet wird, wenn man sich nur noch trifft um zusammen ins Kino oder in ein Konzert zu gehen. Man trifft sich vor der Location und schweigt sich während des gesamten Anlasses nur noch an - man hat sich nichts mehr zu sagen. Umso mehr hat es mich gefreut als ich gestern meine Musikkollegin Arlette traf und wir uns nach einer Pizza Orgie beim Iranischen Wirt um die Ecke und ergiebigen Bibelgesprächen ins Jäzz Chälli aufmachten, um die einheimische Band Die Nachbarn zu hören. Da ich halt viel am lesen bin, mag ich auch Deutsche Lyrik - Element of Crime gehören zu meinen Favoriten. Oft ziehen Die Nachbarn mit Trompete und Kontrabass in diese Richtung - dafür liebe ich die Band. Die Stimme des Sängers beherrscht das Hochdeutsch und mit seiner Leidenschaft und der Selbstinszenierung versprüht er noch dieses unverbrauchte Spiel mit dem Publikum. Etwas dass sich zum Glück bei Bands nach vielen Gigs abnützt. Schliesslich will ich Musik hören und keine Witzklopfer Comedians auf der Bühne sehen, die mir Luftküsse zu wedeln. 

Viele Texte fand ich sehr durchdacht und da steckt ordentlich Arbeit und Talent dahinter. Die Stimmchoreographie nützt sich jedoch über die Bandbreite etwas ab und somit benützt man auf der neusten EP Papier beim Sterben (übrigens geiler Titel) das Stilmittel des Walliserdeutsch um neue Wege zu gehen und holt dann das lokale Urgestein Hans Rüedi ins Boot. Hier haben mich Die Nachbaren dann gänzlich verloren - ich stehe nicht auf Mundart Musik. An diesen Stellen wurde mir zu viele kantonale Klischees aufgedrängt und zu Saufmusik umfunktioniert, während in meinem Kopf die letzte Staffel der Tschugger lief. Nichtsdestotrotz mischen die Nachbaren, diverse Richtungen, wie Pop, Blues, SKA, Folk und Strassenmusik als sympathisches Unterhaltungsmittel, finden jedoch aus meiner Sich ihr Genre nicht so recht. Zwischen aggressiven anarchistischen Attitüden und deutscher Poetik gefangen, ist das eine ordentliche Bandbreite - man versucht allen Zuhörern etwas zu bieten - Eine klassische Zuordnung hätte ich allerdings bevorzugt.

Jedoch steht bei den Nachbaren der Bühnenspass an erster Stelle. Musikalisch und stimmtechnisch ist das ein Ohrenschmaus und muss als Deutschpop Fan weiterempfohlen werden. Obwohl sich bei den Songs wenig Erinnerungswert bei mir breit machte. Mein Favorit ist und bleibt der Song Guter Tag von dem Je mehr Dostojewski Album aus dem Jahre 2022. Hier mag ich halt das Akkordeon - das hat mir leider bei der CD Taufe gefehlt. Allgemein hätten sich die Gastmusiker ruhig auch blicken lassen können. War ein toller Abend - Danke an Arlette und ihre "Nachbarn".

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Thriller: Freida McFadden - Sie kann dich hören

Um ihr Studium zu finanzieren arbeitet Millie als Hausmädchen für die New Yorker Upper Class. Als sie ihren neuen Job bei den Garricks antr...